Deutsche Geheimdienste stufen AfD als extremistisch ein

Die deutsche Geheimdienstbehörde stuft die AfD als extremistisch ein, was die Überwachung der Partei intensiviert. Diese Entscheidung wirft Fragen zur Demokratie und zur politischen Landschaft auf.
Die deutsche Geheimdienstbehörde stuft die AfD als extremistisch ein, was die Überwachung der Partei intensiviert. Diese Entscheidung wirft Fragen zur Demokratie und zur politischen Landschaft auf.

Die deutsche Innenbehörde hat die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) am Freitag offiziell als extremistische Organisation eingestuft, die die Demokratie bedroht. Diese Entscheidung ermöglicht eine umfassendere Überwachung der Partei, die bei den Bundestagswahlen im Februar den zweiten Platz belegte.

Überwachung und Maßnahmen der Behörden

Die Einschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) basiert auf einem 1.100-seitigen Expertenbericht, der die AfD als rassistisch und islamfeindlich charakterisiert. Diese Einstufung erlaubt es den Behörden, die Partei intensiver zu beobachten, unter anderem durch die Rekrutierung von Informanten und das Abfangen von Kommunikation.

Folgen der Einstufung

Die negative Einstufung könnte zudem die Fähigkeit der AfD beeinträchtigen, neue Mitglieder zu gewinnen, und die öffentliche Finanzierung der Partei gefährden. Während die AfD, die gegenwärtig in mehreren Umfragen an der Spitze steht, diese Entscheidung verurteilte, warnen politische Analysten, dass dies die Unterstützung für die Partei weiter anheizen könnte.

Aussagen des Verfassungsschutzes

In einer Stellungnahme erklärte die Innenbehörde: „Zentral für unsere Einschätzung ist das ethnisch und ahnenmäßig definierte Konzept des Volkes, das die AfD prägt und ganze Bevölkerungsgruppen in Deutschland abwertet sowie deren Menschenwürde verletzt.“ Dieses Konzept spiegelt sich in der grundsätzlichen anti-migrantischen und anti-muslimischen Haltung der Partei wider.

Die AfD habe Einzelpersonen und Gruppen „verleumdet und diffamiert“ und dabei „irrationale Ängste und Feindseligkeiten geschürt“, erklärte das BfV weiter.

Reaktionen aus der AfD und der politischen Debatte

In der ersten Reaktion auf den Bericht äußerte Anton Baron, der Vorsitzende einer regionalen parlamentarischen Gruppe der AfD: „Es ist bedauerlich, zu sehen, in welchem Zustand sich die Demokratie in unserem Land befindet, wenn die etablierten Parteien zu den fragwürdigsten Mitteln greifen, um gegen die stärkste Oppositionspartei vorzugehen.“

Konservative Herausforderungen und die Zukunft der AfD

Die Entscheidung des Verfassungsschutzes erfolgt kurz vor der Vereidigung des konservativen Parteiführers Friedrich Merz als neuen Bundeskanzler und inmitten einer hitzigen Debatte innerhalb seiner Partei über den Umgang mit der AfD im neuen Parlament. Die AfD erhielt eine Rekordanzahl von Sitzen und könnte theoretisch mehrere wichtige parlamentarische Ausschüsse leiten.

Meinungen und Strategien der politischen Akteure

Der prominente Verbündete von Merz, Jens Spahn, hat gefordert, die AfD wie eine reguläre Oppositionspartei im parlamentarischen Verfahren zu behandeln, da dies verhindern könnte, dass die Partei eine „Opfer“-Erzählung annimmt. Doch andere etablierte Parteien sowie viele aus Spahns eigener Fraktion lehnen diesen Ansatz ab und könnten die Neuigkeiten vom Freitag als Rechtfertigung nutzen, um die Versuche der AfD, Schlüsselpositionen in Ausschüssen zu übernehmen, zu blockieren.

Die Relevanz der Klassifizierung

„Es gibt einen Konflikt zwischen dem Anspruch einer Partei, Ausschussposten basierend auf ihrer Größe zu übernehmen, und der Gewissensfreiheit der Abgeordneten“, erklärt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Universität Kassel. „Nun können diese Mitglieder argumentieren, dass AfD-Vertreter nicht die notwendigen Maßstäbe erfüllen. Die Anzeichen mehren sich, dass die AfD keine normale Partei ist, und daher wird sie weiterhin marginalisiert.“

Zukünftige politische Maßnahmen gegen die AfD

Die Klassifizierung könnte Bestrebungen neu entfachen, die AfD zu verbannen. Allerdings riet der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz, dessen Sozialdemokraten in Merz‘ neuer Koalition den Juniorpartner stellen, von einer schnellen Abschaffung der AfD ab. „Ich bin gegen einen schnellen Schuss, wir müssen die Klassifizierung sorgfältig evaluieren“, sagte er am Freitag während einer Kirchenkonvention in der norddeutschen Stadt Hannover.

Das deutsche Parlament könnte ebenfalls versuchen, die öffentliche Finanzierung der AfD einzuschränken oder ganz zu stoppen, aber dafür bräuchten die Behörden Beweise, dass die Partei ausdrücklich darauf abzielt, die deutsche Demokratie zu untergraben oder gar zu stürzen.

Die Entwicklung der AfD

Bestimmte Strömungen innerhalb der AfD, wie die Jugendorganisation, wurden bereits als extremistisch eingestuft, während die gesamte Partei 2021 als Verdachtsfall klassifiziert wurde. Die 2013 gegründete, euroskeptische AfD verwandelte sich nach der Entscheidung Deutschlands, eine große Welle von Flüchtlingen im Jahr 2015 aufzunehmen, in eine anti-migrationspolitische Partei.

Die Notwendigkeit einer bestimmten Klassifikation durch das BfV, um eine politische Partei überwachen zu können, verdeutlicht die rechtlichen Einschränkungen, denen die Behörde im Vergleich zu anderen europäischen Geheimdiensten unterliegt – eine Reaktion auf die Erfahrungen des Landes unter der nationalsozialistischen und kommunistischen Herrschaft.

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