Nachhaltige Hygiene in Arztpraxen: Ressourcenverbrauch senken!

Deutschland - Ein aktuelles Gutachten des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI, erstellt im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), legt umfassende Strategien zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs im Hygienebereich deutscher Arztpraxen dar. Dabei wird betont, dass eine Senkung des Verbrauchs möglich ist, ohne die Patientensicherheit oder den Arbeitsschutz zu gefährden. Die Analyse, die auf Dokumenten- und Literaturauswertungen sowie einer Befragung von 666 Ärzt:innen und medizinischen Fachangestellten basiert, zeigt deutliche Schwächen in den geltenden Hygienevorgaben auf. Viele dieser Vorgaben, die auf Krankenhausstandards beruhen, erweisen sich als ungeeignet für den ambulanten Sektor und führen zu einem hohen Verbrauch an Einwegmaterialien, Chemikalien und Energie, insbesondere in konservativ geführten Hausarztpraxen. Fast die Hälfte der befragten Fachkräfte empfindet die Hygienevorgaben und die damit verbundenen Kontrollen als überzogen.

Dr. Tanja Bratan, Projektleiterin des Gutachtens, weist darauf hin, dass viele bauliche Anforderungen als schwer umsetzbar kritisiert werden. Um nachhaltigere Hygienepraktiken in Arztpraxen zu fördern, empfiehlt das Gutachten klare Vorgaben für ambulante Einrichtungen, bessere Schulungen sowie finanzielle Anreize. Eine Einbindung von Medizinproduktherstellern und die Schaffung eines ökologischen Siegels für ressourcenschonende Praxen könnten zudem zur Ressourcenschonung beitragen. Diese Punkte sind entscheidend, um die Versorgungsqualität nicht zu gefährden, während gleichzeitig ein umweltbewussterer Umgang gefördert wird.

Herausforderungen im Hygienebereich

Der Gesundheitssektor verursacht rund 5 Prozent des Ressourcenverbrauchs und der Treibhausgasemissionen. Daher gewinnt das Thema Nachhaltigkeit auch im ambulanten Bereich zunehmend an Bedeutung. Die Hygienemaßnahmen sind dabei besonders wichtig, da sie sowohl Ressourcen schonen als auch der Infektionsprävention dienen müssen. Das Gutachten weist darauf hin, dass die Hygieneanforderungen im ambulanten Sektor oft als zu weitreichend und ressourcenintensiv eingeschätzt werden. Bei der Befragung bewerteten 51 Prozent der Teilnehmenden die Hygieneanforderungen als angemessen, während 44 Prozent sie als übertrieben empfanden.

Einen weiteren problematischen Aspekt stellt der unzureichende Austausch zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen dar, insbesondere in Bezug auf multiresistente Infektionen. 46 Prozent der Befragten empfanden die Überwachung durch Gesundheitsämter als zu umfassend, was auf eine Diskrepanz zwischen den Anforderungen und der praktischen Umsetzbarkeit hinweist.

Handlungsempfehlungen für zukunftsfähige Praxen

Das Gutachten enthält spezifische Handlungsempfehlungen, darunter die Entwicklung klarerer Hygienevorgaben und die Überprüfung bestehender Empfehlungen im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte. Ein zentraler Teil der Empfehlungen ist die Verbesserung des Hygienewissens sowie die Stärkung der Hygieneausbildung im Medizinstudium. Zusätzlich wird die Durchführung öffentlicher Awareness-Kampagnen zur Ressourcenschonung vorgeschlagen, um die Akteur:innen im Gesundheitswesen für dieses Thema zu sensibilisieren.

Ein verwandtes Projekt, das unter dem Namen „Ökologische Nachhaltigkeit im ambulanten Gesundheitswesen (ÖNaG)“ agiert, verfolgt ähnliche Ziele. Es zielt darauf ab, Akteur:innen im ambulanten Gesundheitssektor bei der Entwicklung und Umsetzung eigener Maßnahmen zur Ressourcenschonung zu unterstützen. Hierbei wird unter anderem ein Ko-Kreationsansatz verfolgt, der die Einbeziehung von Fachpersonen aus verschiedenen Bereichen wie Arztpraxen, Apotheken und Pflege umfasst. Ziel ist es, praxisnahe Leitfäden zur Verfügung zu stellen, die auf die speziellen Bedürfnisse und Herausforderungen dieses Sektors eingehen und somit dazu beitragen, Hürden für ein nachhaltiges ambulantes Gesundheitswesen abzubauen.

Die umfassende Analyse und die daraus resultierenden Empfehlungen verdeutlichen, wie wichtig es ist, die Besonderheiten des ambulanten Sektors in künftige Hygiene-Regulierungen einzubeziehen, um sowohl nachhaltige als auch praktikable Lösungen für die Herausforderungen im Gesundheitswesen zu finden. Für die Verbesserung der Hygienestandards und die Ressourcenschonung im Gesundheitssektor sind erhebliche Anstrengungen erforderlich, die auf einer soliden Grundlage von Forschung und direkter Rückmeldung aus der Praxis basieren.

Für weitere Informationen lesen Sie Oekonews, Fraunhofer ISI und Fraunhofer ISI Projekt.

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Ort Deutschland
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