Streit um Sexualstrafrecht: Forderungen und Falschbeschuldigungen im Fokus

Österreich - Die Vereinigung Österreichischer StrafverteidigerInnen (VÖS) hat jüngst umfassende Forderungen zur Reform des Strafprozesses im Bereich des Sexualstrafrechts formuliert. Hauptpunkt der Kritik ist die derzeitige Praxis der kontradiktorischen Zeugeneinvernahme, die in den Augen der VÖS nicht mehr zeitgemäß ist.

Aktuell können Missbrauchsopfer im Ermittlungsverfahren befragt werden, jedoch sind sie in der Hauptverhandlung nicht mehr verpflichtet auszusagen. Ihre Aussagen werden oft nur als Video abgespielt oder verlesen, was die Kritik auslöst, dass Gerichte dadurch keinen persönlichen Eindruck von den Opfern gewinnen können. Die Verteidigung sieht ihr Fragerecht eingeschränkt, was die Fairness des Verfahrens in Frage stellt, so Kleine Zeitung.

Falschbeschuldigungen: Ein gesellschaftliches Problem

Ein zentrales Thema innerhalb dieser Diskussion sind auch die Falschbeschuldigungen, die als „nicht selten“ bezeichnet werden. Frank Urbaniok, ein forensischer Psychiater, hebt hervor, dass schätzungsweise 2-10% der Anzeigen wegen Sexualdelikten „gefälschte Wahrheiten“ sind. Besonders anfällig für Falschbeschuldigungen sind Personen mit instabilen Realitätsbezügen oder manipulativen Persönlichkeiten. Oft sind sogar Opfer von tatsächlichen Traumata die Verursacher von Falschbeschuldigungen.

Als besonders betroffen gelten Eltern, die im Zuge solcher Verfahren schwersten Beschuldigungen ausgesetzt sind. Urbaniok betont, dass auch diese Personen in gewisser Weise Opfer sind, da einmal veröffentlichte Beschuldigungen in sozialen Medien nur schwer zu entkräften sind. Er fordert daher eine verstärkte Verfolgung von Falschbeschuldigungen als schwere Straftaten sowie eine umfassende mediale Aufarbeitung dieser Thematik, wie im Bericht von Kleine Zeitung ausgeführt.

Wichtigkeit der Aussagepsychologie

Ein weiterer entscheidender Faktor im Sexualstrafrecht ist die Aussagepsychologie. Diese kommt zum Tragen, wenn die Aussage des möglichen Geschädigten das einzige Beweismittel gegen einen bestrittenen Beschuldigten darstellt. Die Glaubwürdigkeit der Aussage hat im Strafverfahren enorme Bedeutung und ist häufig Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung. In Fällen, wo spezielle Sachkunde erforderlich ist, zieht das Gericht einen aussagepsychologischen Sachverständigen hinzu. Gewisse Mindestanforderungen an aussagepsychologische Gutachten hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgelegt, wie auf sexualstrafrecht.hamburg erwähnt wird.

Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Aussage hängt nicht nur von der Qualität des Gutachtens ab, sondern auch von der Kompetenz der Sachverständigen. Ein unabhängiger Gutachter ist essenziell, um methodenkritische Überprüfungen zu bestehen und die Würdigung der Ergebnisse dem Gericht zu überlassen. In vielen Fällen sind es die Verteidiger, die bereits vor den Staatsanwälten eine aussagepsychologische Analyse der Aussagen vornehmen, was die Dynamik im Verfahren entscheidend beeinflussen kann, wie auf sexualstrafrecht.de erläutert wird.

Insgesamt zeigt sich, dass sowohl rechtliche Rahmenbedingungen als auch psychologische Aspekte im Sexualstrafrecht eine bedeutende Rolle spielen. Um die Rechte aller Beteiligten zu wahren und die Gefahr von Falschbeschuldigungen zu verringern, ist eine Reform der derzeitigen Praktiken dringend erforderlich.

Details
Vorfall Sexualdelikte
Ort Österreich
Quellen