95 Jahre nach Kriegsende: Ehemalige Stenographen erinnern sich!
Haus am Ring, 1010 Wien, Österreich - Am 29. April 2025 wird an historische Ereignisse des Jahres 1945 erinnert, als sich ehemalige Mitarbeiter des österreichischen Parlaments an ihren alten Arbeitsplatz zurückmelden. Der Zweite Weltkrieg, der 1945 endete, hatte das Parlament seit 1934 in seiner Funktionsweise stark eingeschränkt. In jenem Jahr verwandelte der „Ständestaat“ das Parlament in ein Scheinparlament. Nach der Annexion Österreichs durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 wurde das Parlamentsgebäude als „Gauhaus“ genutzt. Diese Umwandlung und die Kriegseinwirkungen führten dazu, dass während des Krieges erhebliche Schäden entstanden, die dazu führten, dass etwa 60 % der Bausubstanz des Gebäudes betroffen waren.
Besonders das Stenographenbüro, zuständig für die Erstellung von Protokollen und die Staatskorrespondenz, litt stark unter politischen Verfolgungen. Viele Mitarbeiter wurden verfolgt, vertrieben oder ermordet, darunter auch sechs Kollegen von Theodor Rudolf Alt, der nach dem Krieg die Wiederaufnahme des parlamentarischen Betriebs leitete. Am 28. April 1945 meldeten sich Alt und Josef Meier zur Provisorischen Regierung, und am nächsten Tag nahmen sie an der symbolischen Übergabe des Parlamentsgebäudes an die Provisorische Staatsregierung teil.
Herstellung von Protokollen in der Nachkriegszeit
Theodor Rudolf Alt, der jüdischer Abstammung war und die NS-Verfolgung dank einer „geschützten Mischehe“ überlebte, suchte nach überlebenden Kollegen. In der schwierigen Nachkriegszeit war es eine Herausforderung, die Stenographie und Protokollierung wieder aufzubauen. Protokolle mussten bereits am Ende einer Sitzung fertiggestellt und am nächsten Morgen gedruckt abgegeben werden. Aus dieser Zeit erzählt Alt von schlechten akustischen Bedingungen und dem enormen Druck, der auf den Stenografen lastete. Die Herausforderungen, die sich aus der Wiederorganisation ergaben, waren immens, trotzdem waren seine Bemühungen erfolgreich und führten im Dezember 1945 zur ersten Sitzung des neugewählten Nationalrats.
Die Rolle der Stenografen hat sich seither gewandelt, bleibt jedoch von großer Bedeutung. Heutige Protokolle von Plenarsitzungen sind in der Regel am Sitzungstag oder am nächsten Tag online verfügbar. Die Authentizität der Debatten währt, da die Protokollführung Transparenz gewährleistet. Diese Entwicklung wird von Bettina Brixa, der Leiterin der Parlamentsstenograf:innen, unterstützt, die erklärt, dass das digitale Aufzeichnungssystem zwar umfassend ist, jedoch immer noch auf den Bleistift zurückgegriffen wird, da dieser ein schnelles und effizientes Mittel zur Erfassung von Debatten bietet.
Die Bedeutung der Stenografie im aktuellen Kontext
Die Debattenkultur im deutschsprachigen Raum bleibt lebendig und dynamisch. Die Stenografie, beschrieben von Louis-Marie de Lahaye de Cormenin in „Das Buch der Redner“ im Jahr 1843, hat sich durch zeitgemäße Herausforderungen und technische Entwicklungen gewandelt. Die Verantwortlichkeit und die Arbeitslast der Stenografen sind zwar nach wie vor hoch, jedoch erfolgt die Tätigkeitsausübung nun auch in einem digitalen Kontext. Protokolle müssen Zitate verifizieren, Dialektpassagen zurückverfolgen und verständlich aufbereiten, während der sichtbare Teil der Arbeit oft den geringsten zeitlichen Aufwand repräsentiert.
Zusammengefasst bleibt die Aufarbeitung der parlamentarischen Vergangenheit durch die Stenografen und die Wiederbelebung des parlamentarischen Betriebs nach dem Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes Kapitel in der Geschichte des österreichischen Parlaments. Das Verständnis der Herausforderungen und Leistungen dieser Zeit bietet wertvolle Einblicke in die politischen Strukturen und die demokratische Entwicklung der Gegenwart.
Für weiterführende Informationen zu den historischen Debatten und zur Rolle der Stenografie: OTS, Parlament.gv.at, Parlament.gv.at.
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Ort | Haus am Ring, 1010 Wien, Österreich |
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